Double Escape
Lesen im Urlaub - die Flucht vor der Flucht.

Datum

von Angelina

Warum ist es so toll, im Urlaub ein Buch zu lesen? Man fährt irgendwohin, um endlich mal etwas anderes zu sehen. Statt sich die neue Umgebung aber in Ruhe anzuschauen, vertieft man sich in ein Buch. Eine doppelte Flucht also – erst vor dem Alltag, dann vor der neuen Umgebung. Hält doppelt eben doch besser? Die Antwort lautet: ja

Wer gelegentlich reist, kennt es. Egal wohin man geht, man nimmt sich selbst immer mit. Verändert man nun also nur die Szenerie – z. B. vom Büro in den Olivenhain – bleibt vieles erstmal gleich. Die Gedanken kreisen weiter um E-Mails und andere Sorgen. Abhilfe schaffen im ersten Moment vor allem Probleme, also der Mietwagen, der eine Panne hat, die Ferienwohnung, die belegt ist, obwohl man sie gebucht hat. Dann ist man plötzlich mitten im Geschehen, kommuniziert unbeholfen, schwitzt, flucht, und vergisst, was zu Hause gerade noch so wichtig schien. Jetzt geht es nur noch um essenzielle Dinge, wie “wo schlafe ich heute Nacht?”, oder “wie erkläre ich in einer spanischen Apotheke, was ich brauche?”.

Aber Urlaube werden natürlich immer glatter, alles im Vorfeld planbarer, die Pannen weniger und somit liegt man schneller am Pool und lauscht schläfrig dem Rauschen der Palmenblätter. Und da tauchen sie auch schon wieder auf vor dem inneren Auge: die Gesichter der Kolleginnen, die To-Do-Liste, der Blick vom Schreibtisch aus. Und das ist der Moment, in dem man zum Buch greifen sollte. Seite aufschlagen und in die Geschichte hineingleiten. Einfach lesen und vergessen. Und erst aufhören, wenn etwas Wichtiges ansteht, wie Essen. Wenn man das für ein paar Tage beibehält, erreicht man einen Grad der Entspannung, der einen wieder normal werden lässt, freundlich und gut gelaunt.

Meine Empfehlungen für die Urlaubslektüre:

»Ein Leben für die Avantgarde« von Anne Berest und Claire Berest. Ein wundervoll feinsinniges Buch über Gabriele Buffet-Picabia, Ehefrau des Künstlers Francis Picabia.

»My year of rest and relaxation« von Ottessa Moshfegh. Schwarzer Humor und eine generell arbeitsfeindliche Lese-Atmosphäre.

»Writers and Lovers« von Lily King. Versetzt einen angenehm in die 90er Jahre (als man sich noch Nachrichten aufs Band sprach) und erzählt den unwahrscheinlichen Weg, der hoffnungslosen Schriftstellerin Casey.


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