Wo ist die Bubble hin?
Mit dem Ende der Pandemie, schlossen sich digitale Räume, die Schriftstellerinnen und Schriftstellern über zwei Jahre offenstanden. Die alte Ordnung meldet sich zurück.

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von Angelina

Das Virus war definitiv in Europa gelandet, als mein erstes Buch auf den Markt kam. Gesundheitsnotstand – Pandemie – Lockdown. Ist das jetzt ein Vorteil oder Nachteil, fragte ich mich damals. Ich begann, Instagram zu nutzen und tauchte ein in eine Bubble, die sich Bookstagram nennt. Lauter Menschen, die schreiben, lesen, rezensieren, Bücher bewerben oder verschenken. Natürlich waren auch die Buchhandlungen und Verlage dabei, täglich kamen neue hinzu. Ein buntes Miteinander von grösseren und kleineren Accounts. Und von schönen Geschichten. Man teilte Zweifel beim Schreiben, Glücksgefühle beim Lesen, Cover-Freuden, Veröffentlichungen, Rückschläge und Tipps. Alle konnten daran teilnehmen, der Umgangston war freundlich, das Interesse aneinander gross.

Buchmarkt, digital und zugänglich
Im ersten Pandemiejahr lernte ich in dieser Bubble Menschen kennen, die heute Freunde sind. Ich wurde eingeladen, für ein Literaturmagazin zu schreiben, fand Kontakte zu Verlagsmenschen, Bloggern und Testleserinnen. Die Literaturwelt war auf einmal offener und digitaler. Gleichzeitig überdachten viele Menschen ihre berufliche Situation und aus einer Leserin mit ein paar hundert Followern, die im normalen Leben Marketing für Zahnschienen machte, entwickelte sich eine erfoglreiche Bloggerin, die wenig später zu einem grossen Verlagshaus wechselte.

Als Corona abflaute, blieb die Bubble auf Instagram weitgehend bestehen. Um ein paar Accounts wurde es plötzlich still, andere verschwanden, aber vieles blieb gleich. Instagram schraubte an seinem Algorithmus und erschwerte es, miteinander in Kontakt zu bleiben. Beiträge von engen Kontakten wurden immer seltener angezeigt, stattdessen Werbung und Videos von Waschbären. Langsam und schleichend wurde die Bubble dann doch ruhiger, die Posts weniger, das Interesse nahm ab.

Neue Online-Skepsis
Und irgendwann war es auch im normalen Leben spürbar. Die Einkaufsläden füllten sich wieder, ebenso die Büros und der öffentliche Verkehr. Plötzlich war alles wieder wie früher. „Zuhause“ und „virtuell“ waren so schnell fremd geworden, wie sie damals in unseren Alltag eingezogen sind. Man begegnet sich nicht mehr online, Nachrichten bleiben unbeantwortet und das Interesse an den digitalen Bekanntschaften schwindet. Echte Begegnung kann eben nichts ersetzen. Natürlich nicht. Aber was bedeutet das für Schriftstellerinnen und Schriftsteller?

Es bedeutet, dass die Räume wieder mehr denen gehören, die von Verlagen, Agenturen und Zeitungen ausgewählt werden. Es ist wieder schwieriger, sein eigenes Publikum zu finden, denn Lesungen und Buchhandelsregale gehören denen, die schon erfolgreich sind. Weniger bekannte Autorinnen und Autoren (und Verlage) sind nicht mehr so leicht zu finden und die Macht der grossen Verlagsbudgets (und vielleicht sogar des Feuilletons?) kehren zurück.

Heute weiss ich, dass es gut war, meine Bücher während der Pandemie zu veröffentlichen, denn so gerne wir sie auch verdrängen mögen, sie hat einen digitalen Ort geschaffen, der Vielfalt und Austausch ermöglichte – ausgerechnet auf einer so unmöglichen Plattform wie Instagram – und wird vielen Schreibenden nun fehlen.

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